INPP®-Methode

DIE WICHTIGSTEN FRÜHKINDLICHEN REFLEXE

Furcht-Lähmungsreflex (FLR)
In der Schwangerschaft dient der Furcht- Lähmungsreflex (FLR) dem Embryo und Fötus als Schutzmechanismus. Ist die Mutter durch eine Stress- oder Schrecksituation angespannt, kann dies ein Zusammenziehen der Gebärmutter auslösen. Der Druck durch das komprimierte Fruchtwasser löst beim Fötus eine „Erstarrungsreaktion“ aus. Diese dient als Schutz, damit es sich nicht die Nabelschnur um den Hals wickelt. Der Reflex wird taktil ausgelöst und zählt noch zu den intrauterinen Reflexen, die auf der Ebene des Rückenmarks entstehen. Er entwickelt sich zwischen der 5. und 7. Schwangerschaftswoche und geht in der 12 Schwangerschaftswoche in den Mororeflex über. Beim Geburtsvorgang setzt der FLR die Körperfunktionen herab, was beim Austritt aus dem Geburtskanals wegen des Sauerstoffmangels wichtig ist. Unmittelbar nach der Geburt wird der Moro Reflex aktiviert, die Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Cortisol bewirken, dass Aktivität und Erregung wieder steigen.

 

Moro Reflex
Die Moro Reaktion oder der Moro Reflex entwickelt sich in zwei Phasen. In der 9. – 12. Schwangerschaftswoche taucht der Moro-Reflex als erster frühkindlicher Reflex auf. Die erste Phase besteht aus einer symmetrischen Abduktion der Arme und Beine, die Hände öffnen sich und die Finger werden gespreizt. Gleichzeitig streckt sich der Kopf nach hinten. Dies kann auch als kurzes Erstarren bzw. Rückzugsreaktion bezeichnet werden (1. Phase des Moro Reflexes) und ermöglicht kurz nach der Geburt das erste Einatmen. Im Laufe der Schwangerschaft entwickelt sich der Moro Reflex kontinuierlich weiter bis zur symmetrischen Adduktion der Arme und Beine, dem Schliessen der Hände zu Fäusten und Anheben des Kopfes (2. Phase des Moro Reflexes). Diese Überwindung der Rückzugsreaktion ermöglicht das erste Ausatmen/Schreien des Neugeborenen nach der Geburt. Er ist für die Aktivierung des sympathischen Nervensystems zuständig und trainiert erste Flucht- oder Kampfreaktionen. Der Moro Reflex wird durch eine abrupte Änderung der Kopfposition (vestibulär), plötzliche Erschütterungen (taktil), laute Geräusche (auditiv) oder grelles Licht (visuell) ausgelöst. Nach dem 4. Monat sollte der Moro Reflex gehemmt sein.

 

Tonischer Labyrinth-Reflex (TLR)
In der 12. Woche entsteht im Mutterleib der Tonische Labyrinth Reflex vorwärts (sobald der Kopf des Fötus/des Babys über die Mittellinie nach vorne gelangt oder gebracht wird, geht der Körper in eine fötale Beugestellung). Der Tonische Labyrinth Reflex rückwärts entsteht bei Beginn der Geburt (sobald der Kopf des Babys unter die senkrechte Mittellage nach hinten gelangt oder gebracht wird, geht der Körper des Babys in die Extension mit einer Streckung der Arme und Beine). Zur Geburt ist er vollständig präsent. Er nimmt Einfluss auf den Muskeltonus des Körpers (vor allem den Beuge- und Strecktonus) und das Gleichgewicht und ermöglicht die ersten primitiven Reaktionen auf die Schwerkraft ausserhalb des Mutterleibes. 6 Wochen nach der Geburt beginnt die Hemmung des TLR rückwärts. Dieser Prozess kann sich bis zum 3. Lebensjahr hinziehen. Die Hemmung des TLR vorwärts beginnt nach der Geburt mit dem ersten Heben des Köpfchens in Bauchlage und sollte mit ca. 4 Monaten abgeschlossen sein. Die Hemmung des TLR ist notwendig für die Kopfkontrolle, die wiederum Voraussetzung für Aufrichtung, Haltung und Stabilität im Raum ist. Der TLR wird von den Halte- und Stellreflexen und dem Landau-Reflex abgelöst.

 

Asymmetrisch Tonischer Nackenreflex (ATNR)
Der Asymmetrische Tonische Nackenreflex (ATNR) erscheint um die 18. Schwangerschaftswoche, in etwa in der Zeit, in der die Mutter erste Kindsbewegungen spürt, und ist bis zur Geburt vollständig entwickelt. Ausgelöst wird er durch das Drehen des Kopfes des Fötus oder Neugeborenen zur Seite (Rechts oder Links). Dabei strecken sich gleichzeitig die Gliedmassen auf der Seite, zu der der Kopf gedreht wurde und die Gliedmassen auf der gegenüberliegenden Seite beugen sich. Dieser Reflex ermöglicht dem Fötus Bewegungen, die den Muskeltonus entwickeln, er fördert die motorischen Fähigkeiten homolateral und hilft die Geburt voranzutreiben. Die Wehentätigkeit aktiviert und verstärkt den ATNR, er hilft dem Baby sich durch den Geburtskanal weiter nach unten zu arbeiten. Nach der Geburt erleichtert und fördert der ATNR die frühe Augend-Hand Koordination, erweitert die Nahsicht des Neugeborenen auf Armeslänge und hilft bei der Fixierung naher Gegenständen. Er übt wie auch der Moro Reflex eine Schutzfunktion aus, indem er dem Baby in Bauchlage ermöglicht, den Kopf auf die Seite zu drehen. Dazu kommt, dass er eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Gleichgewichts und koordinierten Bewegungsabläufen spielt. Im Alter von ca. 3 bis 6 Monaten, maximal aber 9 Monaten, wird der ATNR gehemmt und in den Amphibienreflex und den segmentären Rollreflex integriert.

 

Symmetrisch Tonischer Nackenreflex (STNR)
Der Symmetrische Tonische Nackenreflex (STNR) tritt kurze Zeit unter der Geburt in Erscheinung, schwächt dann ab, um zwischen dem 6. bis 9. Lebensmonat wieder präsent zu sein. In dieser Zeit dient er als sogenannter „Brückenreflex“. Er hilft dem Baby als Brücke auf dem Weg zur nächster Stufe der Fortbewegung, dem Krabbeln. Im Gegensatz zum TLR, der den Muskeltonus im gesamten Körper beeinflusst, teilt der STNR den Körper auf der horizontalen Mittellinie in zwei Hälften. Dies ermöglicht die Überwindung der Schwerkraft und unabhängige Bewegen beider Körperhälften. Der STNR dient auch der Weiterentwicklung des Sehens. Durch das Strecken der Arme kann das Kind in die Ferne sehen und durch das Beugen der Arme nahe Gegenstände wahrnehmen. Auch trainiert er das binokulare Sehen, welches die Grundlage für das dreidimensionale Sehen ist. Ausgelöst wird der STNR durch die Veränderung der Nackenposition. Im Vierfüsslerstand bewirkt das Senken des Kopfes eine Beugung der Arme sowie eine Streckung der Beine; das Heben des Kopfes löst dagegen eine Beugung der Beine und eine Streckung der Arme aus. Der STNR sollte mit 9 bis 11 Monaten vollständig gehemmt sein. Die Hemmung geschieht durch eine Phase des Schaukelns auf Händen und Knien und das Krabbeln.

 

Palmarreflex/Plantarreflex (Greifreflexe)
Beide Reflexe entstehen in der 11. Schwangerschaftswoche und sind bis zur Geburt vollständig präsent. Der Palmar Reflex wird durch eine leichte Berührung der Handinnenflächen ausgelöst und löst das Greifen und Fausten aus. Solange der Reiz besteht, wird diese Handstellung beibehalten. Der Plantar Reflex wird bei Berührung der Fußsohle ausgelöst und führt zum Einklammern der Zehen. Beim Lösen der Reaktion spreizen sich die Zehen. Beim Stillen kann in den ersten Lebensmonaten ein Zusammenhang zwischen dem Palmarreflex und dem Saugen beobachtet werden. Das Baby macht beim Saugen an der Brust oder der Flasche knetende Bewegungen mit seinen Händen. Dies nennt man die Babkin-Reaktion. Der Palmarreflex sollte zwischen dem 2. und 3. Lebensmonat vollständig gehemmt sein. Er bildet die Basis für spätere manuelle Fertigkeiten. Da eine enge Verbindung zwischen Greifen und Saugen besteht, hat er auch Auswirkungen auf spätere sprachliche Fähigkeiten und Artikulation. Der Plantareflex sollte zwischen dem 7. und 9. Monat vollständig gehemmt sein. Dies ermöglich dem Baby mit flachem Fuss zu stehen und abzurollen und dabei das Gleichgewicht zu halten.

 

Such- und Saugreflex (Greifreflexe)
Beide Reflexe gehören zu den Greifreflexen und entstehen zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche. Ausgelöst werden sie durch Berührung der Wange oder des Mundwinkels und in den ersten Stunden nach der Geburt am stärksten ausgeprägt. Bei Auslösung des Suchreflexes dreht das Baby seinen Kopf in die stimulierte Richtung zur Brustwarze der Mutter oder zur Flasche hin, öffnet den Mund und streckt die Zunge als Vorbereitung zum Saugen heraus. Die anschließenden Saug- und Schluckbewegungen sind grundlegend für das erste Stadium der Nahrungsaufnahme. Sie üben einen fördernden Einfluss auf seine spätere manuelle Geschicklichkeit aus, da in den ersten Lebensmonaten ein enger Zusammenhang zwischen Palmarreflex und dem Saugen besteht („Babkin-Reaktion“, siehe Palmarreflex). Außerdem sind die Muskelbewegungen beim Trinken eine wichtige Vorbereitung für die ersten Laute und die Entwicklung des Sprechens sowie der späteren Fähigkeit zum Artikulieren. Beide Reflexe sollten
mit ca. 3 bis 4 Monaten nach der Geburt gehemmt sein und durch reifere Saug- und Schluckmuster abgelöst werden.

 

Spinaler Galantreflex
Der spinale Galantreflex erscheint mit der 20. Schwangerschaftswoche und ist zur Geburt vollständig entwickelt. Sobald der Rücken seitlich der Wirbelsäule durch eine leichte Berührung stimuliert wird, löst dies eine Hüftbeugung um ca. 45 Grad in Richtung der Stimulation aus. Der Reflex sollte auf beiden Körperhälften gleich stark vorhanden sein. Bei der Geburt hilft er dem Kind, sich durch „wackelnde“ Hüftbewegungen durch den Geburtskanal zu bewegen. Dabei stimuliert das Zusammenziehen der Muskeln in der Scheidenwand den Lendenwirbelbereich des Babys, was die Rotationsbewegungen auslöst. Er ermöglicht Bewegungen im Uterus, fördert die Beweglichkeit und Flexibilität des Rumpfes sowie asymmetrischer Bewegungen und ist Vorbote der Amphibienreaktion, welche für das weitere Fortbewegen mittels Kriechen und Krabbeln nötig ist. Er hilft bei der Hemmung des ATNR. Zwischen dem 3. und 9. Monat nach der Geburt sollte der spinale Galantreflex gehemmt sein. Die Hemmung ermöglicht u.a. eine gerade Körperhaltung und Stillsitzen und hat Einfluss auf die Blasenkontrolle und die Verdauung.